Populärkultur – Hip Hop, Adidas, Hollywoodfilme – und radikaler Dschihadismus – die Anschläge auf das World Trade Center am 9/11, Terror, extreme Gläubigkeit. Das passt doch niemals zusammen, oder?
Doch, tut es!, erklärt Torben den Schülern der Leistungskurse Politik von Herrn Deeken und Herrn Eichenberg. Wie radikalisieren sich Jugendliche hier in Deutschland? Und welche Strategien verfolgen die Anwerber? Torben Göke steht vor den Schülern und erzählt von den Ergebnissen seiner Masterarbeit. Die WRS kennt er gut, 2010 hat er hier an der Schule das Abitur absolviert. Vor einem Jahr hat Torben die Seite gewechselt: Er ist heute Referendar in Celle und will Lehrer werden – mit dem Fach Politik – Wirtschaft. Die Schüler erfahren heute etwas über den Salafismus, über Foreign Fighter, die zurück nach Deutschland kommen, nachdem sie für den IS in Syrien und im Irak gekämpft haben, vor allem darüber, wie aus einem ganz normalen Jugendlichen ein radikaler Kämpfer werden kann. Nach der gemeinsam Veranstaltung mit den verschiedenen Kursen, treffen wir uns noch auf ein Gespräch.
Da wir beide, Torben und ich, die WRS besuchen oder besucht haben waren wir relativ Schnell beim Du.
Raabenfeder: Torben, du hast deine Masterarbeit über Salafismus geschrieben. Wie kam es dazu , dass du dieses Thema gewählt hast?
Torben: Ich wollte mich eigentlich mit dem Euro-Islam beschäftigen, es gibt da einen Göttinger Professor und mit dem hab ich mich getroffen und darüber geredet, ob das Thema für mich in Frage kommt. Es stellte sich dann heraus , dass ich zu viel über die Islamische Geschichte hätte lernen müssen. Dann haben wir überlegt, was die Alternative wäre und da ich ja ein Lehramtsstudium mache, sind wir dann schnell darauf gekommen, dass ich etwas aus der pädagogischen Sicht machen kann, weil ich ich mich sowieso mehr mit Prävention beschäftigen wollte.
R: Wenn man sich mit religösen Hasspredigern beschäftigt, die einen eventuell auch bekehren wollen… was macht das mit einem?
T: Meinst du Gedanken, dass ich mich selber radikalisiere?
R: Ja, auch.
T: Also das gar nicht, dafür bin ich auch gefestigt genug. Aber das man emotional wird, wenn man sieht, wenn Jugendliche diesen Rattenfängern ins Netz gehen, das schon. Ich hab Interviews mit verschieden Lehrern geführt und was die mir beschrieben haben, wie sich Jugendliche Schritt für Schritt radikalisiert haben und sie sich von Freunden und Familie entfernen, das geht einem schon nahe.
R: Wie denkst du sollte man mit Deutschen umgehen, die in den Dschihad nach Syrien gezogen sind und jetzt nach dem Ende des IS wieder zurück nach Deutschland wollen?
T: Dass sind ja deutsche Staatsbürger und deswegen würde ich sagen, dass man die Menschen zurückholt und hier vor ein Gericht stellt. Sie werden sich dann für ihre Taten verantworten müssen, später muss dann, wenn möglich, eine Reintegration in die Gesellschaft stattfinden.
R: Denkst du, dass die Sozialen Medien in der Pflicht stehen um Salafistisches Material zu disclaimen oder zu löschen?
T: Die extrem gewalttätigen Videos und Bilder wurden, glaube ich, alle gelöscht. Ich denke moralisch stehen die schon in der Verantwortung salafistische Inhalte zu löschen oder darauf hinzuweisen, dass das Material in eine bestimmte Richtung geht. Viele Videos sind allerdings so gemacht, dass sie zwar klar radikalisieren und manipulierend wirken, aber nicht verfassungsfeindlich sind – und somit nicht gelöscht werden.
R: Eine letzte persönliche Frage noch: Wie fühlt es sich an wieder an der alten Schule zu sein?
T: Also ich kam zur 12. Klasse an diese Schule und das war eigentlich die schönste Schulzeit, die ich hatte, und es war auch total cool, einen jungen motivierten Typen als Lehrer zu haben (Blick zu Herrn Eichenberg)!
Herr Eichenberg: Mein erster Leistungskurs!
T: Ja, und es ist mit Sicherheit kein Zufall, dass ich für mein Lehramtsstudium die Fächer von Herrn Eichenberg, Deutsch und Politik, gewählt habe. Ich habe mich auch sehr gefreut als Heiko mich gefragt hat, ob ich das hier machen möchte. Das macht mir auch Spaß!
Herr Eichenberg: Ja, ich freue mich auch, Torben hier zu sehen. Ich glaube auch, dass es für die Schüler interessant ist, das zu hören, was Torben zu erzählen hat, weil das auch ein Thema ist, was man normalerweise nicht im Unterricht behandelt.
R: Vielen Dank für das Interview, Torben!
T: Sehr gerne!
Nach dem Interview unterhalten sich Herr Eichenberg und Torben noch lange, sie sind längst beim Du und behandeln sich wie Kollegen. Von dem ehemaligen Schüler-Lehrer Verhältnis merkt man nichts mehr.